Argentinien XXVIII
Gewohnt gemütlich geht es, mit einigen Zwischenübernachtungen, die nächsten 400 km weiter bis nach Las Lajas. Es gibt einige Putz-, Reparatur- und Computerarbeiten zu verrichten und wir machen mal eine gute Woche Pause auf dem „Camping Municipal Las Lajas“. Der Platz hier gibt uns die nötige Ruhe und bietet zudem einige Wandermöglichkeiten entlang des Rio Agrio.
Keine 100 km weiter und hinauf auf 1.600 Metern erreichen wir zum wiederholten Male Caviahue. Die 1000-Seelengemeinde am gleichnamigen See liegt eingebettet in einer einzigartigen Landschaft, umgeben von Bergen und Araukarienwäldern.
Eine besonders schöne Wanderung direkt bei Caviahue ist der Weg entlang der sieben Wasserfälle „Las siete Cascadas del Agrio“. Bei perfektem Wanderwetter geht es hinauf bis zum „Cascada del Gigante“. Für den nächsten Tag ist Sturm angesagt. Bei der Bäckerei Mathilde decken wir uns mit leckerem Kuchen ein und suchen uns ein windgeschütztes Fleckchen in der Stadt.
Und obwohl wir nun schon sieben Wasserfälle hinter uns haben, fahren wir doch noch extra ein paar Kilometer weiter bis zum „Salto Agrio“, dem wohl schönsten Wasserfall weit und breit! Was den Salto Agrio so besonders macht, ist die Vielzahl an außergewöhnlichen Farben in dieser Location. Aus 40 Metern Höhe fällt das Wasser in einen grünen See, umgeben von ocker-, orange- und gelblichen Felsen, die durch Eisen und Schwefel früherer vulkanischer Aktivitäten in der Region entstanden sind. Der Übernachtungsplatz ist perfekt und für ebenso perfekte Fotos zu den diversen Lichtverhältnissen bei Tag und am Abend sind die Akkus geladen.
Nach einer ruhigen Nacht am Salto Agrio wandern wir ein paar Kilometer flußaufwärts und erkennen den ganzen Rio Agrio entlang diese Mineralfarben am Ufer und am Grund des Flußes. Der Ausflug hierher hat sich auch dieses Mal wieder absolut gelohnt!
Etwas außerhalb von Caviahue findet man den „Sendero a Cascada Escondida“. Dieser 2 km kurze, gut ausgeschilderte Weg führt durch einen Araukarienwald und gewährt immer wieder den Blick zum Vulkan Copahue. Auch wenn die „Cascada Escondida“ im Moment nur ein kleines Rinnsal ist, die kleine Wanderung macht Spaß und Lust auf mehr. Und da noch Zeit ist, geht es noch zum „Pozon de Jara“, einem glasklaren, türkisfarbenen Wasserloch.
Etwas oberhalb von Caviahue liegt das Skizentrum der Stadt. Zu dieser Jahreszeit ist hier natürlich absolut nichts los und so halten wir uns auch nicht lange auf. Gleich in der Nähe finden wir aber einen sehr idyllischen Stellplatz, an dem wir gleich mal für zwei Tage die Natur genießen.
Auf dem Weg von Caviahue wieder hinunter ins Tal findet Claudia noch eine Gegend, die reizvolle Gesteinsformationen bieten soll. Wir biegen von der RP 26 ab in einen Sandweg und fahren keinen Kilometer, schon stehen wir inmitten der „Riscos Bayos“. Wahrlich eine außergewöhnliche Gesteinswelt liegt hier vor uns. Wie wir lesen, handelt es sich um Gebilde, die aus Aschewolken nach Vulkanausbrüchen hier herabgefallen sind und diese Felsformationen gebildet haben. Oder wie der Experte sagt: „Die Ignimbrite entstanden durch abgefallene Asche, in der die Gase begannen, die Poren der Masse der Piroclasten zu evakuieren“. Hab ich es mir doch gedacht.....
Es geht für uns weiter durch die Region Neuquen entlang der RP21 und der RP6 bis nach Chos Malal. Wir füllen unsere Vorräte auf und betanken unseren Frischwassertank, bevor es über die RP43 den Berg hinauf und tief hinein geht, in die Andenregion von Neuquen, dem Norte Neuquino . Wir halten in Andacollo und besichtigen das „Monumento de la Patria de Andacollo“, das höchste Heimatdenkmal Argentiniens. Nach einen Übernachtungsstopp am Rio Nahueve fahren wir noch ca. 50 km weiter bis nach Varvarco.
In Varvarco finden wir einen schönen Platz am Ortsrand mit Blick ins Tal, in dem sich vor uns die beiden Flüsse Rio Neuquen und der Rio Varvarco vereinen. Wir wissen von diversen Plätzen im Hinterland von Varvarco, die besonders sehenswert sein sollen. Claudia hat aber auch recherchiert, daß der Weg dorthin eventuell für unseren Großen nicht geeignet sein könnte. Somit machen wir hier in dem kleinen, verschlafenen Ort einen Tag Pause und suchen, ob es nicht irgendeinen Guide mit einem Jeep gibt, der uns zu diesen „speziellen“ Plätzen bringen kann.
Wir erkundigen uns bei der Touristeninformation und erhalten die Adresse von Damian und seiner Firma „Rumba Norte“. Rumba Norte baut zum Einen Iglu-style Häuser, von denen auch in Varvarco schon einige als Restaurant und zukünftig noch als Unterkunft dienen sollen. Zum Anderen führt er Reisende in abgelegene Regionen in den Anden, und das in diversen Schwierigkeitsgraden mit Mehrtagestouren und Übernachtungen am Berg in einem seiner dortigen Iglus. Wir buchen Damian zu einer einfachen, aber 8 Stunden dauernden Tour und er nimmt sich am nächsten Tag gleich Zeit für uns. Um 8 Uhr geht es los. 20 km nach Varvarco ist der erste Stopp am „Cajon del Atreuco“. Wir wandern unserem Guide hinterher, bis wir einen Aussichtspunkt erreicht haben, der uns sowohl in den beeindruckenden Canyon sehen läßt, als auch eine tollen Fernblick zum Vulkan Domuyo ermöglicht. Mit 4.700 Metern Höhe der höchste Berg Patagoniens.
Auf den nächsten 20 km erkennen wir, daß es wohl doch die bessere Entscheidung war, nicht mit unserem Mobil die Strecke anzugehen. Einige Bachdurchfahrten sind so eng, daß unser Heck hier eventuell zu lang gewesen wäre. Wir halten bei den „Los Tachos“. Das Wasser im Rio Covunco dampft seinem Flußlauf entlang und an den Los Tachos sind dann einige Geysire, die ab und an mit bis zu zwei Meter hohen Fontänen auf sich aufmerksam machen. Der Rio Covunco entspringt weit oben am Vulkan Domuyo, fast direkt an einer auf 3.100 Metern Höhe gelegenen Lagune, an der Damian auch ein paar seiner Iglus für seine Reisegruppen installiert hat. Das Wasser an den Los Tachos ist natürlich zu heiß, um darin zu baden. Damian bringt uns daher zur nächsten Station bei den Aguas Calientes, wo zumindest Claudia die Möglichkeit nutzt und sich in einem angenehmer temperierten Bach ins Heilwasser legt.
Letzter Halt unserer Tour mit Damian ist bei den „Los Bolillos“. Wie schon bei den Riscos Bayos ist auch hier eine spezielle Landschaft durch vulkanisches Gestein entstanden, das dann von Wind und Wetter über Millionen von Jahren in eine bizarre Felslandschaft geformt wurde. Nur bei den Los Bolillos noch größer und spektakulärer als bei den Riscos! Nicht umsonst wird das Gebiet hier mit Kappadokien verglichen. Der Ausblick von oben über diese Felsformationen und die umliegende Bergwelt gibt uns das Gefühl, den Höhepunkt unserer Tagestour erreicht zu haben. Wir wandern noch eine Stunde durch die Bolillos. Dabei erzählt uns Damian viel Interessantes über diese Gegend, bevor es am Abend wieder zurück nach Varvarco geht. Ein toller und lohnenswerter Tag im Norteneuquino geht zu Ende.
Der Plan war eigentlich, nun wieder ins Tal und nach Chos Malal zu fahren. Claudia liest aber, daß nicht weit von hier ein Abzweig nach „Manzana Amargo“ geht, und es dort einen schönen Wasserfall geben soll. Plan ist somit geändert und wir fahren die 20 km Schotterpiste gemütlich entlang dem Rio Neuquen und parken auch gleich hinter dem 700 Einwohner Städtchen am Wasserfall „Cascada la Fragua“. Die Cascada la Fragua ist tatsächlich imposanter, als erwartet, was wohl viele Besucher anzieht und daher mit einem guten Zugang ausgestattet ist. Nach dem Besuch des Wasserfalls finden wir einen schönen Übernachtungsplatz am Rio Curamileu und außer einer Gruppe Gauchos, die ihre Herde ins Tal treibt, sind wir ganz allein.
Der Platz gefällt uns so gut, daß wir noch einen Tag hier verbringen. Wieder sind nur eine Gruppe Gauchos mit ihren Pferden, Rindern und Hütehunden die einzigen Besucher. Die Stimmung ist momentan, nach all den tollen Erlebnissen der letzten Tage, ziemlich gut. So gut, daß wir uns nun doch noch vornehmen, sogar noch einen Abstecher zu den Lagunas Epu Lauquen zu machen. Auf die 80 km Schotterpiste hin und zurück hatte ich noch vor ein paar Tagen so gar keine Lust, obwohl wir die Lagunen schon von verschiedenen Bildern her kannten und von der Schönheit der Region beeindruckt waren.
Das Ripio ist ziemlich übel, aber wir haben ja Zeit. Drei Stunden für 40 km sind eingeplant und die Zeit benötigen wir dann auch. Auf den letzten Kilometern sind noch ein paar enge Stellen dabei, aber es ist außer uns sowieso kein Fahrzeug unterwegs. An der ersten Laguna Epu Lauquen fahren wir vorbei und finden bei der Zweiten einen Stellplatz, der uns einen tollen Blick auf die Bergwelt, in der die Lagune eingebettet ist, bietet. Jetzt wissen wir, die Entscheidung, noch hierher zu fahren, hat sich auf jeden Fall gelohnt! Hier werden wir ein paar Tage bleiben, daß ist uns jetzt schon klar. Ein Ranger sagt uns, daß das aber nur noch maximal 6 Tage möglich ist, da ab dem 01. April das gesamte Naturreservat über den Winter geschlossen ist und erst wieder im November öffnet, egal wie gut das Wetter ist. Momentan ist bei Temperaturen zwischen 20 und 27 Grad Celsius aber so gar nicht an Schnee zu denken.
Der Ranger gibt uns aber auch ein paar interessante Wandertipps, von denen wir am nächsten Tag gleich mal einen in Angriff nehmen. Drei bis vier Stunden hin und zurück soll die Wanderung dauern, die um die Lagune Epu Lauquen herum und hinauf zur Laguna Negra führt. Der Weg ist gut gekennzeichnet, zumindest bis zum Wasserfall „Cascada Chaquira“. Danach finden wir aber keine Wegweiser mehr und suchen selbst nach einer Möglichkeit, zur Laguna Negra zu gelangen. Prompt bleibe ich beim Versuch, durch dichtes Gestrüpp zu gehen, mit dem Fuß in einer Bodenwurzel hängen und verdrehe mir übel das Knie. Zum Glück ist das Wasser bei der Cascada eiskalt und ich hänge mein Bein für 30 Minuten komplett ins kalte Nass. Ich vermute, daß diese Aktion mir ermöglicht hat, einigermaßen vernünftig bis zum Wohnmobil zurück zu laufen. Für die nächsten Tage heißt es nun, Knie schonen und diesen absolut traumhaften Platz einfach genießen!