Argentinien XXVII
Der Grenzübertritt am Mamuil Malal nach Argentinien reiht sich nahtlos in die Liste der „absolut problemlosen Grenzabwicklungen“ ein! Alle Zöllner sind nett und freundlich und nach kurzem Aufenthalt an dem auf 1.227m hoch gelegenen Pass fahren wir die Ruta Provincial 60 hinab bis zu unserem ersten Übernachtungsplatz am Rio Malleo.
Nach einer weiteren Übernachtung am Rio Chimehuin, in der Nähe des Ortes „Junin de los Andes“, halten wir an einem ganz speziellen Pfad, genannt die „Via Christi“. Es handelt sich hierbei um eine Art religiöses Freiluftmuseum mit moderner Kunst, die auf einem ca. 2 km langen Weg die Lebens- und Leidensgeschichte von Jesus Christus abbildet. Auf diesen 2 Kilometern geht es stetig bergauf und vorbei an 23 Stationen, an denen eindrucksvoll anhand zahlreicher Skulpturen und Reliefs die christliche Geschichte vermischt mit der Geschichte der Mapuche dargestellt wird. Und last but not least erreicht man dann, schon leicht angeschwitzt, einen noch steileren, 550 Meter langen Zickzack-Pfad, der zu Station 24 führt. Wer hier steht und nach oben blickt, und sieht, was da oben als finale Station der Via Christi auf einen wartet, der dreht nicht um! Denn oben am Hang beeindruckt eine 36 Meter lange, 30 Meter breite und 7 Meter hohe Skulptur aus Eisen und Glas. Eine Jesus-Skulptur, wie man sie noch nicht gesehen hat! Der Weg hinauf ist ganz schön anstrengend. Der Besucher wird aber mit einem tollen Blick ins Tal sowie einem kleinen Amphitheater im Kopf des Jesus belohnt. Alles in allem, für Anhänger jeder Glaubensrichtung sowie für Nichtreligiöse, ein lohnenswerter Halt in Junin de los Andes.
Wir haben in den letzten Wochen ordentlich „Natur“ und „Ruhe“ getankt, so daß wir uns schon auf den(!) Touristenort dieser Region freuen. Zum wiederholten Mal sind wir in San Martin de los Andes und parken am städtischen Wohnmobilstellplatz direkt am Lago Lacar, inmitten von zahlreichen Mobilen aus ganz Südamerika sowie einigen Europäern. Dieser Ort ist im Sommer Anlaufstation vieler Touristen, im Winter tummeln sich hier viele Freunde des Wintersports. Somit ist hier ordentlich Geld im städtischen Umlauf, was sich in der Qualität der Gebäude und den gepflegten Straßen widerspiegelt. Und natürlich gibt es auch zahlreiche, gute Cafe´s, Bars und Restaurants. Diverse Lokalitäten werden von uns einer eigenen Qualitätsprüfung unterzogen und allesamt für gut befunden. So halten wir es auch locker mal fünf Tage auf dem ziemlich vollen Stellplatz aus, bis uns dann doch wieder der Sinn nach mehr Natur steht.....
…..und das ist hier aber gar kein Problem! Wir fahren nur wenige Kilometer in Richtung Süden und uns erwarten viele schöne Plätze im Gebiet der „Siete Lagos“. Sieben große Seen und viele Flüsse liegen hier wunderbar eingebettet in die Gebirgswelt der Anden und wir finden schnell einen optimalen Platz am „Rio Hermoso“, um uns wieder vom Touristenlärm der letzten Tage zu erholen.
Der Lago Villarino hat sich mittlerweile auch in der argentinischen Wohnmobilszene herumgesprochen und so wundert uns nicht, daß auf der großen Wiese am See locker zwischen 30 und 40 Mobile stehen, flankiert von zahlreichen Zelten und PKW´s. Dementsprechend sind die Müllberge und andere Hinterlassenschaften mangels sanitärer Anlagen dann weniger schön. Von so etwas lassen wir uns aber nicht den Spaß verderben und Wandern durch die saubere Landschaft auf der anderen Seite des Lago Villarino und sind schnell wieder relativ allein auf den Senderos um den See unterwegs.
Keine 10 km weiter finden wir schon den nächsten schönen Stellplatz am Rio Pichi Traful. Hier lernen wir den Deutschen Jago mit seiner argentinischen Partnerin Daiana kennen, die hier mit PKW und Zelt ebenfalls die Natur um die Siete Lagos genießen möchten.
Im Ort „Villa La Angostura“ halten wir für eine Nacht am See und flanieren ein wenig durch das touristische Zentrum des beliebten Urlaubsortes. Am nächsten Morgen parken wir noch schnell in einer Seitenstraße, um beim empfohlenen Bäcker leckeres Brot zu kaufen. Dabei erleben wir den ganzen Flair einer so touristischen Region....... in Form eines Strafzettels. Nach dem Einkauf entdecken wir an der Windschutzscheibe einen Zettel der „Municipalidad“, daß wir uns wegen falschen Parkens bei Ihr melden müssen, um dort unsere „Multa“ abgeben zu dürfen. Wir suchen verwirrt nach irgendeinem Schild oder Hinweis, daß das Parken hier nicht erlaubt ist. Schließlich stehen wir sauber eingereiht in einer Schlange zahlreicher Fahrzeuge, allesamt ohne Zettel. Im Geschäft nebenan fragen wir die Chefin, ob hier ein Verbot bestehe und zeigen ihr das städtische Papier. Sie kann sich ebenfalls nicht erklären, warum wir hier eine Strafe zu bezahlen hätten und zuckt mit den Schultern. Wir zucken zwei, drei Mal mit ihr mit, steigen ins Mobil und düsen ab.....
...weiter nach Süden, vorbei am „Lago Nahuel Huapi“ und den Berg hinauf in das Skigebiet der unter europäischen Auswanderern beliebten Stadt Bariloche. Wie in San Martin de los Andes sind auch hier für die Sommerurlauber alle Hotels, Bars und Restaurants geöffnet. Wir parken auf dem großen Parkplatz der Skiliftanlagen und erkunden die Skihänge von Villa Catedral. Es ist Freitag und wir hoffen auf eine ruhige Nacht. Das stellt sich so auch ein, wird allerdings ab 6 Uhr morgens abrupt beendet. Um 8 Uhr fällt der Startschuß für den Extremlauf „4 Refugios“, der über zwei Tage hoch in den Bergen von Refugio zu Refugio geht. Wir schauen verpennt aus dem Schlafzimmerfenster und beobachten so an die 150 bis 200 Teilnehmer, die sich erst ordentlich aufwärmen und dann den Berg hinauf hetzen. Respekt! Da schmeckt einem ja „fast“ das Frühstück nicht mehr, wenn man so eine sportliche Atmosphäre schon zu so früher Stunde genießen darf.
Ja, aber nur „fast“! Nach einem ausgiebigen Frühstück springen wir auch in unsere Wanderstiefel und gehen auf der anderen Seite des Skiortes den Berg hinauf und haben von dort oben einige tolle Ausblicke auf Villa Catedral, Bariloche und den Lago Gutierrez.
Wir bleiben in der Bariloche Area und fahren zuerst noch den „Circuito Chico“. Eine Straße, die im westlichen Bereich der Stadt vorbei an vielen tollen Aussichtspunkten führt und uns einige Male aussteigen läßt, um Claudias Foto zum Glühen zu bringen. Erst bei Villa Campanario, dann vorbei am Llao Llao Hotel und durch den dichten Wald nach Villa Tacul, eine wunderschöne Gegend! Schließlich geht es noch in die Colonia Suiza, einem kleinen Dorf am Lago Perito Moreno.
Die kleine Kolonie wurde Ende des 19. Jahrhunderts von einer schweizer Familie gegründet. Von den aktuell hier lebenden 150 Einwohnern haben aber, wenn überhaupt, nur noch Wenige einen Bezug zur Schweiz. Es werden aber täglich viele Touristen angelockt, in dem man versucht, dem ganzen Dorf ein schweizerisches Flair zu verpassen. Das gelingt zwar nicht wirklich, aber den südamerikanischen Touristen gefällt das Angebot.
Das Restaurant Heidi, mit der typisch, in Japan gestalteten Heidi-Figur der bekannten Serie aus unserer Kindheit, hat ja irgendwie was mit der Schweiz zu tun. Die Besitzer des Restaurants sind schon deutlich über 80 Jahre alt und haben nicht mehr die Kraft, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Verkaufen oder gar vermieten wollen sie es auch nicht. Sie erzählen uns, daß bislang noch Niemand das Restaurant so führen konnte, wie sie es für nötig gehalten haben. So steht es schön sauber und gepflegt, aber leer, am Ende des Dorfes und wir dürfen dort übernachten. Auch für uns lohnt sich der Besuch der Colonia Suiza. Drei Tage lang beobachten wir unzählige Touristen, die mit vielen Autos und Bussen gegen Mittag hier ankommen und sich durch den Markt schieben. Gegessen wird hauptsächlich argentinisches Asado, Empanadas und sonstige heimische Spezialitäten. Ich bin happy mit dem ein oder anderen, leckeren Stück Kuchen, das wohl doch noch nach überliefertem, europäischem Rezept zubereitet wurde. Zum Abschluß unserer Runde in der Region von Bariloche parken wir noch eine Nacht am großen See, dem Lago Nahuel Huapi. Der Blick von hier auf die Anden im Hintergrund der Stadt ist einfach toll, egal zu welcher Tageszeit.