Wir verlassen Independencia in Richtung Encarnacion. Keine 100 km später - wir haben uns auf Grund einer äußerst schlechten Beschilderung nach einer Baustelle verfahren und sind über eine üble Piste gerattert - zeigt uns das TireMoni (Reifendruckmessgerät) an, daß einer unserer Zwillingsreifen langsam, aber stetig, Luft verliert. In jedem kleinen Dorf Südamerikas gibt es einen oder gar mehrere Gomerias, auf Deutsch „Reifenreparaturfachhandel lateinamerikanischer Art“. Und genau so eine finden wir auch in dem nächsten Nest, das sich auf unserem Weg befindet. Der Reifenreparaturspezialist ist nicht besonders motiviert, bei dieser Hitze nach unserem Problem zu suchen, nachdem ihn seine 6-jährige Tochter (gegen 15 Uhr) wegen uns geweckt und aus dem Bett gezerrt hat. Es ist nicht zu übersehen, daß der Reifen im Eimer ist und unser Ersatzrad aufgezogen werden muß. Der gute Mann macht erst ein überrascht freundliches Gesicht, als ich seine Forderung über 100.000 Guarani (rund 14 EUR) ohne zu murren aus dem Geldbeutel ziehe. Mittlerweile weiß ich, daß so eine Arbeit normalerweise 20.000, max. 25.000 Guarani kostet. So geht es dann eine halbe Stunde später weiter auf die restlichen 200 km bis Encarnacion, wo wir am späten Abend bei Dunkelheit ankommen und zu einem uns bekannten Schlafplatz fahren. Am nächsten Morgen, kaum 50 Meter gefahren, hören wir komische Geräusche an dem gestern gewechselten Reifen und sehen auch gleich, daß keine der 6 Radmuttern festgezogen war. Richtig, hätte ich auch beobachten und kontrollieren müssen, aber ich war gerade damit beschäftigt, den kaputten Reifen unter dem Auto zu verzurren. Na da haben wir ja noch mal Glück gehabt.
3 Tage später sind wir dann schon wieder einmal in Arapey. Diese Thermen haben es uns halt nun mal angetan. In Ruhe Kleinigkeiten am Wohnmobil reparieren, großer Hausputz und die alljährliche Fastenzeit – hier ist der Ort, wo man das alles am besten umsetzen kann. Und Mia ist natürlich auch happy, wieder hier zu sein. Ihr Vater, der einäugige Collie, ist immer noch hier und freut sich gleichermaßen, alte Bekannte begrüßen zu können. Auch unter den Angestellten oder den anderen Campern aus Brasilien, Argentinien und Uruguay kennt man uns mittlerweile, oder besser: man kennt natürlich Mia und ihre Gringo-Besitzer. Und auch unsere Reisefreunde wissen, daß sie uns hier antreffen können. Als erstes fahren Tony und Nelly herein, die wir 2014 zu Weihnachten in Ushuaia kennengelernt haben. Dann kommen Chris und Thomas, mit denen wir im Vorjahr eine unterhaltsame Zeit im Pantanal hatten. Und auch Kirsten und Helen haben sich auf den Weg gemacht, um uns und vor allem die liebe Mia hier zu besuchen. Schließlich kommt noch ein deutsches Paar hier an, das wir noch nicht kennen, aber beim Blick auf deren Autokennzeichen reiben wir uns erstmal gepflegt die Augen. Aus demselben Ort in Deutschland wie wir, mit den gleichen Buchstaben in der Mitte, stellt sich heraus, daß Gaby und Jürgen nur ein paar hundert Meter von unserer Meldeadresse entfernt wohnen. Wir haben mal wieder eine wunderschöne, ruhige, lustige und kurzweilige Zeit in Arapey!
Nach 7 Wochen ist der Kururlaub vorbei und schon düsen wir wieder in Richtung Paraguay. Chris und Thomas hatten uns von einem Laden mit einer großen Auswahl an Windschutzscheiben auf dem Weg durch Argentinien erzählt, und nachdem die Risse in unserer Scheibe immer größer werden, steuern wir direkt darauf zu. Nach einigem Suchen findet der Cheffe doch tatsächlich genau unsere Scheibe. Original Mercedes, die exakt gleiche Scheibe, die wir aktuell drin haben. Preis rund 320 EUR incl. Einbau. Wir sagen zu. Während wir mit dem Verkäufer noch die Einzelheiten besprechen, werden die Aufkleber entfernt und die Scheibe gereinigt. Diese Tätigkeiten übernimmt der Stift (Fränkisches Wort für „Auszubildender“). Es handelt sich hierbei um einen wenig motivierten, argentinischen Teenager, dessen erster optischer Eindruck mich irgendwie zweifeln läßt, ob er in der Lage ist, eine Scheibe zu putzen. Wider Erwarten kriegt er es hin, nur läßt er halt unmittelbar danach die gesäuberte Scheibe kurz mit einem Eck auf den Steinboden knallen. Tja, shit happens. Ganz ungläubig kann der Cheffe nicht begreifen, daß die am Eck gesplitterte Scheibe von uns dann doch nicht mehr gekauft werden will. Es war auch die einzige Scheibe, die er uns anbieten konnte. Und so fahren wir ab. Ich muß zugeben, daß ich mir ein wenig gewünscht habe, der Cheffe möge dem Stift mal sein dämliches Schirmmützchen über die Ohren ziehen. Weiter geht’s bei strömendem Regen in Richtung Encarnacion.
Seit dem Tausch unseres defekten Reifens vibriert die Lenkung des Sprinters und wir fahren gleich zur Mercedes-Werkstatt in Encarnacion. Schnell ist den Automechanikern klar, daß die Lenkstangen ausgetauscht werden sollten und sie bestellen für den nächsten Morgen die Ersatzteile. Auch die vorderen Stoßdämpfer arbeiten nicht mehr richtig und so lassen wir gleich Neue mit einbauen. Das alles war tatsächlich leicht erkennbar kaputt und der Austausch der Teile zweifelsohne richtig, leider vibriert bei der Testfahrt das Fahrzeug noch immer. OK, Reifen werden gewuchtet, Spur eingestellt. Noch immer vibriert unser Wohnmobil. Dann wird das Fahrzeug vorne aufgebockt und man sieht ganz klar: die Reifen sind auch im Eimer. Leider hat Mercedes aber unsere Größe nicht auf Lager. Wir suchen in ganz Encarnacion, fahren zig Reifenläden ab. Die Verkäufer telefonieren noch im Ort umher, nichts. Wir wollen Encarnacion schon verlassen, da taucht noch weiteres Reifengeschäft auf und ich springe nicht recht zuversichtlich ein letztes Mal aus dem Fahrzeug. Und tatsächlich, sie haben unsere Reifen! Gleiche Marke wie unsere derzeitigen Reifen, gleiche Größe, extrem billiger Preis. Kurz darauf rollt unser Großer wieder einwandfrei aus Encarnacion in Richtung Renate und Bruno. Aber es kommt noch besser! Bei Villarica sehen wir ein kleines Geschäft für Windschutzscheiben, und da ich aktuell scheinbar einen Lauf habe, frag ich mal nach. Sie haben die Scheibe! Nicht original, aber sie paßt einwandfrei und getönt ist sie auch noch. Nach 90 Minuten Einbau zahlen wir gerade mal 150 EUR und sind natürlich mehr als zufrieden, als wir wieder bei Renate und Bruno in Independencia eintreffen.
In 14 Tagen geht unser Flieger nach Deutschland und Mia bleibt hier bei Renate und Bruno. In der Zeit bis zu unserem Abflug soll sich Mia hier mit uns gemeinsam erst noch ein wenig eingewöhnen. Wir nutzen die Zeit aber auch, das Mobil aufzuräumen, die Gegend zu erkunden und den beiden Gastgebern ein wenig unter die Arme zu greifen. Dann verabschieden wir uns von unseren Reisefreunden, und schweren Herzens auch von unserer Mia. Zuerst geht’s nach Brasilien auf einen Campingplatz, wo wir unseren Großen dank der Hilfe der Mechanikertruppe von Rotel-Tours mit Planen verhüllen und schon geht es über Sao Paulo nach Frankfurt.
Wir haben bisher noch nie etwas über unsere Aufenthalte in Deutschland berichtet, aber dieses Mal ist ein Treffen mit vielen Panamericana-Travellern extra zu unseren Ehren organisiert worden. Unsere Freunde Erika und Willi leihen uns ihr Wohnmobil und wir treffen uns mit Martina und Lothar, Petra und Klaus, Rita und Rudi, Conny und Georg sowie Marina, Ulli, Rosmarie und Fritz in Bad Dürrheim. Viele schöne Abende hatten wir mit all diesen Reisenden seit unserer Abreise im April 2010. Daß wir sie jetzt hier alle gemeinsam treffen, ist echt super und wir genießen diese 5 Tage in vollen Zügen. Nach acht Wochen und 9(!) Schäufele später kommt dann der ersehnte Rückflug nach Brasilien und schnurstracks zurück zu Mia, Mobil und in das Furer-Paradies.
Der Name Furer-Paradies hat durchaus seine Berechtigung. Unsere Schweizer Freunde haben hier ein schönes Stück Land ergattert und darauf ein tolles Haus mit Pool, Gästehaus und Garage gebaut. Die Beiden wollen aber auch weiterhin mit ihrem Truck auf Reise gehen und so dürfen wir in den nächsten Monaten auf ihrem Anwesen wohnen. Aktuell ist es im August ja noch Winter und die Temperaturen locken nicht zu einem Sprung in den Pool. Im Haus wird daher mit ordentlich Holz der Ofen beheizt und wir haben noch einige gemütliche Abende, bis der Frühling die in Paraguay zu erwartenden Temperaturen bringt. Warme Temperaturen bei einigem Regen und schon macht der Frühling hier seinem Namen alle Ehre. Es blüht überall und Claudia hat in Renates Gemüsegarten ein neue Herausforderung gefunden. Gärtner Manuel kommt jeden Tag und sorgt für einen gepflegten Rasen. Außerdem sorgt er dafür, daß die Ablaufkanäle für das Regenwasser nicht verstopfen und er hat noch einen Orangenbaum zu fällen. Anke und Wolfgang, die beiden Langzeitreisenden haben wir die letzten Jahre schon mehrfach getroffen, besuchen uns hier für ein paar Tage. Es gibt viel zu quatschen und Wolfgang hilft mir bei einem elektronischen Problem am Mobil, das uns schon seit Jahren Schwierigkeiten macht. Endlich läuft unser Kühlschrank wieder problemlos auf 12 Volt.
Einen nervenaufreibenden Abend verschafft uns Peluche, der Hund eines Nachbarn. Peluche kommt täglich zu uns rüber, um uns bei den Spaziergängen durch den Wald zu begleiten. Er ist natürlich nicht besonders gut erzogen und hört nicht auf unsere Rufe. Und genau das wäre von Vorteil gewesen, als er am späten Nachmittag ein Stachelschwein entdeckt und ihm nachhechelt. Mia rennt zuerst auch mit, hört aber auf Claudias Rufe und kommt zurück. Peluche stellt das Stachelschwein und lernt intensiv die Nachteile eines solchen Treffens kennen. Die Stacheln sind nahezu überall in und an seinem Maul zu finden. Leider stecken sogar einige in seinem Gaumen, was dazu führt, daß seine Zunge beim Schließen des Mauls durchbohrt wird und er stark aus dem Maul blutet. Gott sei Dank kommt Nachbarin Sylvia gleich zu Hilfe und gemeinsam fahren wir Peluche zum Tierarzt in Villarica, der unter Vollnarkose die Stacheln entfernt. Uns ist keine Sekunde langweilig! Immer gibt es was zu tun am Haus, am Pool, im Wald oder am Wohnmobil. Während ich für eine Intensivreinigung im Motorraum und am Unterboden sorge, bastelt Claudia an einem Spezial-Ventilator, in weiser Voraussicht auf die Temperaturen unserer zukünftigen Reiseziele. Kirsten und Helen waren auch für ein paar Monate in Europa sowie in Kanada und besuchen uns nun hier in Independencia. Die 3 Frauen sorgen für regen Betrieb in der Küche. Helen bringt britische, Kirsten norddeutsche Koch- und Backkünste ins Spiel und gemeinsam mit Claudias super Kochkünsten lasse ich den Mädels freie Hand. Meine Hosen werden immer enger, aber irgendwann ist ja wieder Fastenzeit. Wenn dann mal nicht gekocht wird, fahren wir mit Nachbarin Sylvia ins Restaurant „La Ola“, wo Holger, alter Smutje aus Lübeck, auch mit leckeren Speisen aufwarten kann. Für etwas Aufregung sorgen dann ein paar, für Paraguay typische Tiergeschichten. In unserem Wald wird direkt neben dem CU-Trail ein Kälbchen geboren, und in der Garage tauchen diverse Schlangen auf. Wir fotografieren die Reptilien und verjagen sie erst noch vorsichtig vom Grundstück. Danach wird sogleich im Internet gecheckt, ob es sich denn um ein giftiges oder eher harmloseres Exemplar gehandelt hat. Während die Korallenschlange, genauer eine „Micrurus Frontalis“, als sehr giftige aber relativ harmlose Schlange (wg. kleinem Maul) beschrieben ist, finden wir von der anderen Schlange nur eine ähnliche im World Wide Web. Und diese gilt auch noch als sehr giftig. Und! sie kommt leider zurück. Claudia erspäht sie auf der Terrasse des Wohnhauses, direkt an der Terrassentür, an der zum Glück die Moskitotür geschlossen ist. Diese Situation vermittelt uns nun schon ein ungutes Gefühl und wir bitten Gärtner Manuel darum, für uns das Problem zu beseitigen. Auch er ist der Meinung, die Schlange wäre nicht ungefährlich und erledigt die Geschichte mit dem Ende einer ziemlich langen Bambusstange. Marion hat Geburtstag und Rene hat uns alle zum Essen nach Altos, bzw. in ein Restaurant in Caacupe eingeladen. Ich entscheide mich aber, hier zu bleiben und auf Haus und Hof aufzupassen, während Claudia mit den Mädels nach Altos fährt. Und da einen Tag später Regula auch ihren Jubeltag feiert, hängen die Mädels gleich noch einen Tag dran. Vorher muß aber erst noch ein ansprechendes Geschenk „gebastelt“ werden und die 3 Kreativexpertinnen geben Gas – den ganzen Tag. Am Abend ist dann ein tropisch-exotischer Gutschein für eine Massage fertiggestellt und schon einen Tag später wird es ruhig in Yvy Yvytu. Sehr ruhig. Die gesamte Frauenpower hat mich verlassen und ich muß bei strömendem Regen die Zeit totschlagen, indem ich relaxed auf dem Sofa liege und am Nachmittag ungestört Champions League schaue. Zum Abendessen gibt’s halt was Einfaches, da meine Kochkünste äußerst dürftig sind. Einen sehr leckeren Leberkäse vom deutschstämmigen Metzger, dazu Spiegelei und ein Bierchen. Am nächsten Tag wird ausgeschlafen, am Nachmittag gibt’s Champions League zweiter Teil, zum Abendessen Spiegelei mit Leberkäs und ein Bierchen. Und schon kommen meine drei Damen zurück von ihrer Geburtstour. Wie ich erfahre, hatten sie eine wunderbare Zeit. Wir machen allesamt einen Ausflug mit dem Auto von Renate und Bruno, einen allradbetriebenen Pickup. Ziel ist der Cerro Acati. Der 600 Meter hohe Berg soll einen schönen Aussichtsplatz haben und wir planen, dort ein Picknick zu veranstalten. Für die insgesamt 27 km veranschlagen wir knapp eine Stunde Fahrzeit und düsen um 15 Uhr los. Wir nehmen schon mal die Abkürzung nach Melgarejo, eine Erdstraße, die auch schon bessere Tage gesehen hat. Nach Melgarejo geht’s dann aber auf einer richtig schlechten Straße die 17 km bis hoch bis zum Aussichtspunkt, wovon die letzten 2 km vom Regen ziemlich ausgewaschen und steinig sind. Aus der kalkulierten Stunde werden zwei Stunden und unser Picknick fällt etwas kürzer aus, da ich wenn möglich nicht im Dunkeln den Rückweg antreten will. Aber gelohnt hat es sich dann doch. Der Blick vom Cerro Acati ist toll und der kleine Park ist unter der Woche natürlich absolut leer, wir sind die einzigen Gäste. Wir machen ein paar Fotos, genießen die Ruhe und die tolle Aussicht beim Essen und machen uns gegen 19 Uhr wieder auf den Rückweg. Die anstrengende Fahrerei wird auf dem Heimweg belohnt mit einem Stopp bei der Eisdiele von Amandau, eine sehr zu empfehlende Eiskette in Paraguay. Renate und Bruno sind noch in Chile unterwegs und unsere dreimonatige Aufenthaltserlaubnis für Paraguay läuft aus. Kirsten und Helen bleiben einstweilen in Yvy Yvytu, während wir mal kurz nach Ciudad del Este und über die brasilianische Grenze nach Foz do Iguazu fahren. Nach einer Nacht am Camping Internacional geht’s nach ein paar Einkäufen wieder zurück und Claudia wird von den Mädels zu ihrem Geburtstag überrascht. Sie laden uns zum Lübecker Smutje Holger ins Restaurant „La Ola“ ein und wir verbringen noch einen schönen Abend miteinander, bevor die Beiden uns morgen wieder verlassen. Der nächste Treff mit den Beiden ist aber bereits wieder vereinbart! Zu Weihnachten gibt’s wieder eine gemeinsame Feier bei Marion und Rene in Altos auf deren Platz Hasta la Pasta.
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Aktualisiert (Montag, den 15. April 2019 um 17:47 Uhr)